Gute Gründe für erfolgreiche Unternehmer*innen
Mit Schirm, Charme und Humor führte das Künstlerkollektiv Vitamins of Society (Harry Lampl und Jimi Lend) als Reininghaus Gebrüder durch das Stadtteil. Dabei verbanden sie die Vergangenheit mit der Zukunft: Was war und was vor Ort noch alles entstehen kann. Das Augenmerk lag dabei auf der Sockelzone, für die es vonseiten der Stadt Graz eine Förderung für KMUs gibt.
Entlang der Führung wurden noch freistehende Gewerbeflächen für Interessierte geöffnet. Mit direktem Blick auf den Park und großzügigen Glasflächen ein schöner Ausblick für zukünftige Unternehmer*innen vor Ort.
Geschichtlicher Exkurs*
Aus Westfalen stammend setzte Julius Reininghaus Mitte des 19. Jahrhunderts – zu diesem Zeitpunkt bereits in Wien in der städtischen Brauerei zu St. Marx – mit der Herstellung künstlicher Preßhefe den Grundstein für die nachfolgenden Erfolge der Reininghausbrauerei. Sein Bruder Johann Peter erwarb mit dessen Frau die Königshoferische Brauerei am Mauthaus in Baierdorf bei Graz. Es wurde nicht nur Bier, sondern auch höchst erfolgreich Essig, Weizenstärke, Liköre und Harzöl erzeugt. Um 1860 war die Reininghausbrauerei die erste dampfbetriebene der Steiermark und nur rund 10 Jahre später wurde Reininghaus (Bier) ein Export-Schlager.
Soziale Ader in Reininghaus – die Menschen vor Ort
Die Versorgung der rund 700 Mitarbeiter*innen war den Gebrüdern Reininghaus wichtig. Sie errichteten auf den Reininghaus Gründen Wohnungen, ein Altersheim, Werksspital und einen Sportplatz. Das familiäre Engagement ging weiter und so setzte man sich für die Bildung von Mädchen und Frauen ein. Dass wir heute mit der Straßenbahn von der Innenstadt nach Reininghaus in nur rund 15 Minuten brauchen, ist ebenso mit der Familie verbunden. Sie waren an der Gründung der Grazer Tramway Gesellschaft beteiligt.
Nahe des Parks findet man Ausgrabungen, Reste von Gebäudemauern, die einst die Werksküche waren, die täglich frisch auskochte. Heute siedeln sich nach und nach Lokale, Cafés und Restaurants an. Für die jüngsten Bewohner*innen von Reininghaus gibt es vier Kindergärten, es sind Schulen im Entstehen wie ein Realgymnasium mit NAWI-Schwerpunkt (dislozierte Klassen bestehen bereist 2022/23) und das FH Joanneum siedelt ihre Fakultäten für Design und Pflegewissenschaften im neuen Stadtteil an.
Wasser als Quell des Lebens und Biers
Inmitten des rund 3 ha großen Parks blieben zwei historische Werksbrunnen erhalten, die bis heute Wasser für die Mälzerei liefern und sich unter ehemaligen Schnappsfässern verbergen. Das Element Wasser findet sich vor Ort auch in Form eines „Flusses“ als Teil des Grünraums wieder und lädt zum Verweilen ein.
Die Lust an der Kunst und Kultur in Reininghaus
Vielleicht ist ja Peter Rosegger zu Lebzeiten entlang der Tennenmälzerei geschlendert, die nach städtischen Plänen zum Kulturzentrum werden soll, und sich nächst dem im Entstehen befindlichen Greentower befindet. Er war gern gesehener Gast von Johann Peter Reininghaus, der als Kunstmäzen galt.
Vom Ende und Anfang
Julius Reininghaus starb bereits 1862 noch vor seinem 40.Lebensjahr. Aufgrund von weiteren familiären Todesfällen und fehlenden Nachfolger*innen wird das Familienunternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der Expansionserfolg endet mit dem ersten Weltkrieg. Mitte der 1930er wird durch den Kauf von Anteilen an der Brauerei Gröss der Grundstein für die Brauerei Steirerbau gelegt. Im Zweiten Weltkrieg kam die Brauerei unter die Herrschaft der Nationalsozialisten und wurde 1944 mit Puntigam zwangsfusioniert, die Familie musste emigrieren.
(* ein Dank für die humorvolle, geschichtsträchtige Führung ergeht an Harry Lampl und Jimi Lend, die als Reininghaus-Brüder deren Familiengeschichte am 31. März im Rahmen der Stadtteilführung für Unternehmer*innen OPEN.Reining.HAUS zum Leben erweckten)